Tuesday, 15 December 2020

Allianz gegen Amazons Übermacht

Am Dienstag haben Gewerkschaft, Greenpeace und der Handelsverband einen „Schulterschluss“ vollzogen: Gemeinsam richteten sie Vorschläge an die Bundesregierung, um Onlinegiganten auch auf österreichischer Ebene zu begegnen. Amazon, das gerade in und durch die Krise enorme Gewinne schreibt, müsse endlich fair besteuert werden.


Forderungen an die Politik bezüglich der Marktübermacht von Amazon und Co. sind nicht neu. Umgesetzt wurde bisher heuer eine erhöhte Werbeabgabe von fünf Prozent, die gezielt auf internationale Digitalkonzerne abzielt. In den Augen der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), der Umweltorganisation Greenpeace und dem Handelsverband ist das bei Weitem nicht genug. Am Dienstag – wenige Stunden, bevor die EU Gesetze für digitale Dienste und Märkte vorstellte – luden sie zu einer gemeinsamen Pressekonferenz und zeigten Hebel auf, die auch auf nationalstaatlicher Ebene funktionierten, wie es hieß.

Amazon streiche gerade in der Pandemie durch den Boom im Onlinehandel Milliardengewinne ein – auf Kosten von Arbeitsrecht, Umwelt und Einzelhandel – und schaffe es dabei, kaum oder gar keine Steuern zu zahlen. Das Krisenjahr habe Amazon weltweit ein Plus von 40 Prozent beim Umsatz gebracht, in Österreich alleine setze der Konzern im Jahr über 850 Millionen Euro um.

Und von den EU-Staaten habe Amazon voriges Jahr noch eine Steuergutschrift in Höhe von 300 Millionen Euro erhalten. Dieser Entwicklung müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Die Forderung lautet faire Besteuerung, die Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten und die Förderung von lokaler Kreislaufwirtschaft statt einer „Verpackungslawine“.

Verpackungsflut und „Spitzelei“

Alexander Egit von Greenpeace führte aus, dass Amazon inzwischen ein enormes Umweltproblem darstelle und die „Klimakrise anheizt“. Jedes Produkt, das via Amazon versandt werde, müsse noch einmal verpackt werden. In Österreich seien das im Jahr 250 Millionen Pakete, davon gehen 150 Mio. an Einzelkundinnen und -kunden. 33 Mio. Pakete würden zurückgeschickt, davon 1,3 Millionen sofort vernichtet. „Jedes Unternehmen in Österreich zahlt eine Abgabe auf Verpackungen“, so Egit. Amazon hingegen könne nicht in die Haftung gebracht werden. Egit forderte etwa eine Plattformhaftung, die sicherstelle, dass Amazon für Verpackungen eine Abgabe bezahlen muss.

Das Geschäftsmodell sei zudem „extrem energieaufwendig“. Und es gebe eine demokratiepolitische Komponente: International würden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich für Klimaschutz einsetzten, mit Entlassung bedroht. Auch gebe es Spitzeltätigkeiten, etwa auch gegen Greenpeace, so Egit. Auch hier müsse die Bundesregierung Maßnahmen ergreifen.

„Es bleibt viel Geld liegen“

GPA-Vorsitzende Barbara Teiber ergänzte, dass Amazon weltweit versuche, betriebsrätliche Arbeit zu unterbinden. Man habe auch im Verteilzentrum Großebersdorf (Niederösterreich) unverhältnismäßige Arbeitsbedingungen aufgedeckt, so Teiber, darunter Überwachung des Personals, Disziplinierungsmaßnahmen und „erniedrigende Vorschriften“. Die Situation von Boten und Botinnen sei ebenso dramatisch: Sie würden in Leasing-Verträge oder Scheinselbstständigkeit gedrängt und berichteten von Zwölfstundentagen. Der Anteil von Leiharbeitsunternehmen solle in einem ersten Schritt auf 50 Prozent gesenkt werden, forderte Teiber.

Digitale Betriebsstätte

Digitale Betriebsstätte ist ein Begriff aus dem internationalen Steuerrecht. Dabei sollen Umsätze und Gewinne erfasst werden, die von einem Unternehmen erwirtschaftet werden, das keine feste Geschäftseinrichtung im Land unterhält.

Österreich könne zudem Steuern auch auf den Verkauf von Nutzerdaten einheben und Plattformgebühren. Bis die Forderung nach einer Digitalen Betriebsstätte umsetzbar sei, müsse anders Steuergerechtigkeit erfolgen: Eine „fiktive Gewinnbesteuerung“ solle einstweilen fünf Prozent des Umsatzes besteuern. „Es gibt auch Maßnahmen auf nationaler Ebene“, so Teiber. „Hier bleibt wirklich viel Geld auf der Straße liegen.“

Ungleichgewicht der Freiheiten

Der Geschäftsführer des Handelsverbandes, Rainer Will, kritisierte, dass die hohe Marktkonzentration im Onlinehandel „die Bilanz eines jahrelangen regulatorischen Versagens“ sei. Die zehn größten Webshops erwirtschaften gemeinsam fast die Hälfte des gesamten österreichischen Onlineshopping-Umsatzes, Marktführer Amazon kommt auf ein Viertel. Die Pandemie habe die Lage noch verschärft: Während Amazon von ihr profitiere, seien rund 6.500 heimische Händler nun in ihrer Existenz gefährdet.

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